Man darf nicht dem Glauben verfallen, irgendetwas in Pompei (Pompeji) zu entdecken, was bislang unentdeckt blieb. Möchte man sich das alte Pompeji anschauen, kommt man nicht drumherum, einen touristischen Hotspot aufzusuchen, der im Herbst jedoch nur mäßig hot ist. In Pompeji konnte ich jedenfalls Zeugin werden, wie gut Lava konserviert. Die erstaunlich gut erhaltene Bausubstanz, die beeindruckenden Farben der Wand- und Kruggemälde und die präzise ausgearbeiteten Brunnen lassen die Struktur dieser antiken Stadt leicht nachvollziehen. Überhaupt muss Pompeji einem Rausch des Prunks und der Eitelkeiten verfallen gewesen sein („Die letzten Tage von Pompeji“, E.B.-L., bestätigen es!). Die bei Ausgrabungen gemachten Abdrücke der Leichen sind eher schauerlich, bleiben aber ein Zeugnis für ein abruptes Ende dieser Stadt.

Und dann geschah etwas, was manchmal nur herausfordernd, manchmal aber auch das Wunderbare an der Reise ist: eine spontane Planänderung. Eigentlich wollte ich auf unseren Karten das Ziel der folgenden zwei Tage an der italienischen Westküste festlegen, entdeckte dabei, dass es eine Fährverbindung von Salerno nach Palermo gibt. Der Plan also für den Tag nach Pompei: der Costiera Amalfitana folgen, abends um 23.30 Uhr auf die Fähre in Salerno, um morgens vor Palermo aufzuwachen. Somit befinden wir uns nun auf Sizilien, und es wird immer wärmer!

Ein Freund brachte mich darauf und er hatte Recht, denn führe ich mir sämtliche Bilder vor Augen, die mein Italienbild in früheren Tagen geprägt haben (Fischerstädtchen, Sophia Loreen rauchend im gepunkteten Kleid, Zitronenbäume, rollerfahrende Pärchen), so müssen sie sich allesamt an der Küste vor Amalfi abgespielt haben. Und ja, man kann auch mit dem Ifa diese sich windende Schlange von Straße abfahren. Bemerkenswert sind die ortskundigen Busfahrer, die sich bei Gegenverkehr entspannt verhalten. Ich weiß aber nun, wo ich eine Terrasse und einen Zitronenbaum haben möchte.

Straßen so breit wie der Ifa
Straßen so breit wie der Ifa
Minori, Costiera Amalfitana
Minori, Costiera Amalfitana

Die Überfahrt von Salerno nach Palermo war abenteuerlich, nicht vergleichbar mit der Überfahrt Rostock – Gedser. Die Fähre fährt die Strecke Salerno – Palermo – Tunis ab, transportiert überwiegend Fracht und eben ein paar Reisende, von denen wir am touristischsten wirkten. Die Abwicklung im Hafen verlief chaotisch, was uns kurz auf die Idee brachte, einfach abzuwarten bis die tunesische Küste erreicht ist, es hätte wohl niemand bemerkt. Das fehlende Visum hätte uns womöglich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wenn man schon unterwegs ist, kann man schnell auf wortwörtlich abwegige Gedanken kommen.

Dass man in Palermo überhaupt nicht mit einem Ifa stehen könne, der Verkehr die Hölle sei und man sich schleunigst aus der Stadt herausbewegen solle, kann nicht bestätigt werden. Es gibt zu viele Küstenbrachen, auf denen man bequem und trotzdem urban stehen kann mit bestem Blick auf Küste, Hafen und Stadt. An dieser Stelle möchte ich dennoch ein Selbstbekenntnis ablegen: weiß ich nicht, wer in einer Gegend der Hase ist und wie der läuft, fühlt es sich nicht nur gut an, den Wagen einfach abzustellen und sich in entlegenen Gassen zu tummeln. Ein plötzlich aufgetauchter Ifa erregt eben mehr Aufmerksamkeit als eine Dreizimmerwohnung im zweiten Stock, die schon immer Teil eines Hauses gewesen ist. Ich sollte mit der Befürchtung, ich käme zum Wagen zurück und finde etwas vor, was nicht dem gleicht, was ich verlassen habe, lernen besser umzugehen. Kurze Anmerkung: wir haben in Pompei einen Koblenzer getroffen, der uns die Geschichte von seinem vor Jahren in mühevoller Arbeit ausgebauten Unimog erzählte, den man ihm dann in Rom gestohlen hat. Bei dem Verlustschmerz geht es wohl nicht nur um die damit abrupt beendete Reise, die fehlenden Dokumente, der Einbruch in die Privatsphäre und der Raub dieser, es geht vor allem um die Tränen und den Schweiß (siehe auch erster Blogeintrag!), Erstattung unmöglich. Furchtbar, aber wer macht sich auch mit einem Mog auf die Reise?! Die ganze Welt hat für dieses Fahrzeug ein Auge. Uns findet man dagegen einfach nur niedlich. Was lernt man nun aus solchen Geschichten? Es gibt viele schlimme Geschichten.

Palermo, Via Bicicletta, eine Straße benannt nach dem, was sie verkauft (und ich vermisse etwas...)
Palermo, Via Bicicletta, eine Straße benannt nach dem, was sie verkauft (und ich vermisse etwas…)

Zur Verständigung: meine spärlichen Italienischkenntnisse genügen leider nicht für eine vernünftige Konversation, erstaunlicherweise gelingt es, wenn ich Spanisch spreche. Anderes verstehe ich gar nicht, dazu gehören: in Kirchenvitrinen zur Schau gestellte abgehackte Hände von Heiligen oder überlebensgroße Heiligenstatuen an Straßenrändern, die zig Babylätzchen umgehängt bekommen haben.

 

3 Kommentare

  1. Sizilien finde ich schon ganz schon weit entfernt und es fühlt sich so an, dass Ihr mitten auf oder in der Reise und nicht mehr im Start oder Anfang. Ich hoffe, Ihr erzählt – meist ja Swantje – regelmäßig und viel Eurer Geschichten. Ich freue mich immer sehr, wenn ich eine neue Geschichte mit Fotos im offroadtruck finde.
    Monika

  2. Hallo ihr beiden,
    während es hier in den advent geht und immer dunkler wird, führt euch der weg immer südlicher und sonniger. Ich habe von Sizilien-Reisenden bisher nur gutes gehört und schätze euch werden gutes Essen und schöne Kulturlandschaften begleiten. Euch beiden weiterhin alles Gute! Und trinkt bitte ein Glas guten günstigen Wein auf der Terrasse mit dem Zitronenbäumchen für mich mit!

  3. Hallo Swantje und Lew,
    Nun verfolge ich Eure Reise von Hamburg aus. Sizilien ist schön, das Syrah schmeckt herrlich, man kann schön wandern, besonders schön fanden wir Monte Cofano. Ich bin gespannt auf Eurer Weiterweg.
    Liebe Grüße
    sasha

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