Wir haben gehalten, was der Blogtitel verspricht – wir sind angekommen in dem Land, das sich auf unserer Route am östlichsten befindet, seit etwas über einer Woche befinden wir uns in der Mongolei!

Steppenlandschaft im Aimag Gobi-Altai.

Der Grenzübertritt zwischen dem russischen Altai und der Mongolei verlief reibungslos, jedoch kostete er uns einen ganzen Tag. Besonders die Ausreise ging ungewöhnlich zäh vonstatten. Russische Zöllner wollten unsere gesamte Bordapotheke überprüfen und versuchten mühsam die Inhaltsstoffe auf den Beipackzetteln zu entziffern. Die mongolischen Beamten dagegen scheinen sich gegenseitig nicht zu trauen, denn auf jede Passkontrolle folgte eine Passkontrolle. PKW-Reisende werden gezwungen, ihren Wagen komplett leer zu räumen und sämtliches Gepäck auf das Röntgenfließband zu legen. Glücklicherweise hat man bei uns von dieser Maßnahme abgesehen. In der Warteschlange am Grenzübergang haben wir Anja und Peter kennen gelernt, mit denen wir zusammen die Gobi durchstreifen wollten. Leider blieb es nur bei einem viertägigen Intermezzo und wir mussten sie alleine ziehen lassen. Der Grund dafür ist weder ein wild gewordenes Abgasthermostat (es befindet sich mittlerweile unter voller Kontrolle), noch eine andere Panne technischer Art. Nein, der Grund ist weniger nervenaufreibend, wenngleich ein bisschen ärgerlich für uns. Es ist so: wer mit einem deutschen Pass in die Mongolei einreist, darf sich zunächst 30 Tage ohne Visum im Land aufhalten. Wer aber 60 Tage im Land bleiben möchte, benötigt innerhalb der ersten sieben Werktage eine Aufenthaltsverlängerung, die wir kurz hinter der Grenze in Ölgii hätten bekommen können. Längst schon haben wir Erfahrungen mit regionalen Feiertagen gemacht und hätten eigentlich die Lehre daraus ziehen sollen, dass man sich immer noch mal rechtzeitig vergewissern sollte, wann entsprechend die Behörden geöffnet haben. Wir sind gar nicht auf die Idee gekommen, dass Behörden rund um das Nadaam-Fest über eine Woche geschlossen haben. Während Anja und Peter, die sich nur 30 Tage Zeit für die Mongolei nehmen können, bereits die Gobi erreicht haben, müssen Lew und ich nun zunächst einen kleinen Umweg über Ulaanbaatar machen, um uns dort eine Aufenthaltsverlängerung zu besorgen. Kleiner Lichtblick, es gibt in Ulaanbaatar einen Campingplatz, der das Drehkreuz für alle Overlanders bildet. Vielleicht haben wir Glück und begegnen dort noch Leuten, die mit uns ein paar Tage im Gobisand versinken wollen.

Für einen kurzen Moment in Gesellschaft am Tolbo Nuur.

Eines unserer Ziele in der Mongolei haben wir jedoch erreicht: wir sind rechtzeitig zum Nadaam angekommen und haben bei Chowd Volksfesturlaub gemacht. Allerdings eher passiv, die Ringer wirkten auf die Wettkämpfe vorbereitet, weshalb Lew kurzfristig doch von einer Teilnahme absah. Darüber hinaus hätte ihm das Höschen und die Ringerjacke gefehlt, und den im Vorfeld eines Ringkampfes aufzuführenden Adlertanz beherrscht er auch nicht. Die klassischen Disziplinen beim Nadaam sind Ringen, Pferderennen und Bogenschießen, die einzige Disziplin, die auch von Frauen ausgeübt werden darf. Übrigens ist das auch der Grund für die brustfreie Jacke der Ringer, angeblich gab es in der Vergangenheit Frauen, die verbotenerweise am Ringen teilgenommen haben. Ein großer Spaß ist das Treiben drumherum. Man kann sich zwei Minuten an eine kugelgelagerte Stange hängen und dabei 30 000 Tugrik gewinnen (was niemand während der 20 Minuten, die wir zugeschaut haben, geschafft hat, anderthalb Minuten war die Höchstleistung!), Geldwetten beim Würfelglücksspiel (einer Variante des Hütchenspiels, bei dem auch Zehnjährige die Scheine springen lassen), Schaschlik und fleischegfüllte Teigtaschen verdrücken und bekommt einen Eindruck von traditioneller mongolischer Haut-Couture. Nadaam ist der Anlass, der Leute aus den entlegendsten Winkeln des Landes zusammen bringt, die dann tagelang ein nahezu alkoholfreies Fest feiern.

Jurtencamp am Rande des Festes.
Beim mongolischen Ringen wird in Altersklassen gekämpft, nicht in Gewichtsklassen.
Der Mann in weißem Hemd ist kein Schiedsrichter.

A propos Schaschlik und Teigtaschen, dem Versuch, in der Mongolei einer vegetarischen Ernährungsweise nachzugehen, wird ein ordentlicher Strich durch die Rechnung gemacht. Selbst auf Märkten und in den Supermärkten ist das Gemüseangebot traurig. Hat man dagegen eine Leidenschaft für Karaoke, kann man in jedem Dorf zum Zuge kommen – weniger Sellerie, mehr singen!

Ein Stiefel in Chowd.

Nachdem wir uns von unseren kurzweiligen Mitreisenden verabschiedet haben, machten wir zunächst Stopp an einem kleinen Fluss, dessen Ufer eine kleine Oase inmitten der trockenen Steppe bildete. Die ungleichmäßig abgefahrenen Reifen mussten von vorne nach hinten und umgekehrt getauscht werden. Ein gelegentliches Bad im Fluss erleichterte diese schweißtreibende Tätigkeit bei knapp 40 Grad im Schatten ungemein. Lews Bemühungen, einen sich wehrenden Mantel von der Felge zu trennen, bewegte zwei Soldaten in zivil spontan zur Hilfe. Bei der Armee geht man offenbar ruppiger mit den Fahrzeugen um, weshalb sie sich nicht scheuten, auf den Mantel regelrecht einzuprügeln – mit Erfolg, der Mantel trennte sich von der Felge. Allerdings wurde dabei das Ventil beschädigt, konnte aber wieder funktionsfähig gemacht werden. Hilfe von außen ist selbstverständlich begrüßenswert, bleibt aber auch immer ein bisschen beängstigend. Gestern erhielten wir die Gelegenheit, uns an anderer Stelle zu revanchieren. Mitten in der Steppe hielten uns drei Männer an, denen der Zahnriemen gerissen ist. Wir zeigten ihnen unser Sortiment an Ersatzriemen, von denen keiner so richtig passen wollte, sind sie doch alle für LKW bestimmt. Sie suchten sich einen Riemen aus, passten ihn nicht ungeschickt an, bedienten sich unseres Werkzeuges und machten ihren PKW wieder fahrtauglich. Sie waren mit einem Toyota Prius Hybrid unterwegs, eigentlich nicht das geeignetste Fahrzeug für die Mongolei, allerdings ist der Zahnriemen dafür auch nur für die Motorkühlung und nicht für den Antrieb verantwortlich, andernfalls hätten sie sich wahrscheinlich von ihrem PKW verabschieden können. Zum Dank erhielten wir mongolischen Sanddornwein, einen riesigen Käselaib sowie Stücke vom populären luftgetrockneten Käse, der eher an hartgewordenen Quark erinnert. Dieser wird aus vergorener Stutenmilch hergestellt und tagelang auf Jurtendächern der Sonne ausgeliefert – der Geschmack ist interessant, gewöhnungsbedürftig.

Vier Mal Mäntel runter und wieder rauf.
In der Mongolei gibt es nicht viele Orte, an denen sich eine Wäscheleine spannen lässt. Die Büsche im Hintergrund boten eine Gelegenheit.

Mittlerweile sind wir in Bajanchongor angekommen, vor uns liegen noch knapp 500 km bis nach Ulaanbaatar. Zu unserem Erstaunen gibt es auch in der Mongolei plan asphaltierte Straßen, die dann aber oft abrupt in Pisten münden. Wenn man Glück hat, handelt es sich dabei um eine komfortable Piste, die ebenmäßig durch die Steppe führt. Häufiger hat man es jedoch mit einer Wellblechpiste zu tun, eine Härteprüfung für alles, was sich am und im Wagen losrütteln will und für den eigenen Sitzkomfort. Wir freuen uns schon auf sanfte Sandpisten in der Gobi.

Eine Seltenheit in der Mongolei, jedoch hilfreich, wenn man schnell voran kommen möchte.
Kamele wenden sich vom Ifa ab.
In den Weiten der Steppe können sich tragische Ereignisse zuspielen. Es bleibt unklar, was hier geschehen ist.

Kamele, die uns den Rücken kehren, seltsame Knochenfunde, uns schreckt das nicht ab. Die Mongolei ist das perfekte Land für eine Reise mit einem Großfahrzeug. Wir freuen uns auf noch etliche Kilometer über Pisten, die sich kreuz und quer durch das Land ziehen.

 

 

6 Kommentare

  1. Schön zu lesen und zu sehen dass ich in der Mongolei zum grossen Fest angekommen seid. Lasst es euch gut gehen, freut euch und geniesst! Die Berliner Seele neidet auch den vielen Platz und die Ruhe um euch herum.

    1. Natürlich wollte ich „Ihr“ schreiben und nicht „ich“. Leider kann man die Kommentare nicht editieren…

  2. Hey ihr Lieben,

    eure Fotos sehen toll aus. Die von der Steppe fand ich besonders beeindruckend.

    Eine schöne Weiterfahrt und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel wünsch ich euch!

  3. Wow! ist alles was mir dazu einfällt, oder zumindest druckt es am besten aus. Viele liebe Grüße, Ihr Pistenabenteurer.

  4. Was für ein Licht, was für Farben! Schön, dass Ihr dort seid.
    Das Stiefeldenkmal finde ich sehr viel sympathischer als Männer-Mit-Zukunftsblick-Denkmäler.

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